Das Stück, in dem Shakespeare so große Fragen wie Recht und Gnade behandelt, kommt fast poetisch und auch sehr unterhaltsam rüber […]. Dabei bespielen die allesamt gut aufgelegten Schauspieler – komödiantische Szenen hat vor allem Gerhard Mohr als Henker – die gesamte Bühne, laufen über den Rand des Orchestergrabens, erklimmen die schräge Bühne oder rutschen von ihr ins Leere.
Die Glocke
»Maß für Maß« ist ungeachtet der komödiantischen Elemente so wenig komisch wie der »Kaufmann von Venedig«, beide Stücke verhandeln neben je eigenen brisanten Themen das schwierige Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit. […] Die Bühne David Gonters mit dem schrägen Steg, der in den Abgrund führt, wird effektvoll beleuchtet, und dass der verurteilte Claudio in einem hängenden Verlies seiner Hinrichtung harrt, ist ein nettes Zitat der Täuferkäfige.
Westfälische Nachrichten
Im Zeitlupentempo windet sich ein Menschenknäuel aus der Dunkelheit, ein Gewusel aus Gliedmaßen und geschlechtslosen Körpern in hautfarbenen Trikots. Die Wesen singen: »Wonderful Life« aus den 80ern. Regieschmankerl, die als Verwirrspiel sexueller Identitäten, als bissiger Kommentar zum folgenden Geschlechterkampf am Theater Münster gelesen werden können. […] Die Kostüme ironisieren patriarchalische Hierarchien, indem Gonter den Herzog mit einer gelben Filzkrone ausstattet und Männer in langen Feinripp-Unterhosen herumlaufen lässt. […] Obwohl jener einen liberalen Herrscher verkörpert, legt Schlotterer es nicht darauf an, als Sympathieträger herüberzukommen. Viel mehr zieht er als raunender Ränkeschmied die Fäden im Hintergrund, kontrolliert, belauert, spottet.
Westfälischer Anzeiger